Chemische Reaktivität von Chlordioxid (ClO2)

Chemische Reaktivität von Chlordioxid (ClO2)

Aufgrund seiner radikalischen Struktur hat Chlordioxid eine besondere Reaktivität, die sich von der des Chlors oder des Ozons völlig unterscheidet.

Die elektrophile Natur von Chlor oder unterchloriger Säure kann durch Additions- oder Substitutionsreaktionen zur Bildung organischer Spezies führen, während die radikalische Reaktivität von Chlordioxid hauptsächlich zu Oxycarbonylen führt.

 

Chlordioxid

Im Allgemeinen oxidiert Chlordioxid (ClO2) schnell phenolartige Verbindungen, sekundäre und tertiäre Amine, organische Sulfide und bestimmte polyzyklische Kohlenwasserstoffaromaten wie Benzopyren, Anthracen und Benzoathracen.

Im Allgemeinen reagiert Chlordioxid nicht auf doppelte Kohlenstoffbindungen, aromatische Kerne, quinionische und carboxylische Strukturen sowie primäre Amine und Harnstoff.

Kommerzielle Anwendungen haben gezeigt, dass Chlordioxid viele Verbindungen, die als Abfall- und Wasserschadstoffe gelten, wirksam oxidieren kann. Der Artikel enthält eine Auswahl von Schadstoffen, die in verschiedenen Industriezweigen vorkommen, und zeigt die breite Palette der möglichen Anwendungen für Chlordioxid.

 

Aldehyde

Im Allgemeinen kann Chlordioxid einen Aldehyd zu seiner entsprechenden Carbonsäure oxidieren. Aldehyde werden in einer Reihe von gängigen industriellen Prozessen erzeugt. Ihre Behandlung ist ein häufiges Problem, insbesondere in der Fotoindustrie. Formaldehyd ist ein Hauptbestandteil von Formulierungen, die bei der Fotoentwicklung verwendet werden. Chlordioxid oxidiert Formaldehyd zu Ameisensäure und schließlich zu Kohlendioxid. Para-Formaldehyd kann durch Oxidation mit Chlordioxid depolymerisiert und vollständig eliminiert werden.


Amine und Mercaptane

Zu den Hauptquellen von Geruchsstoffen wie Mercaptanen und substituierten Aminen gehören die chemische und die Erdölindustrie, Koch- und Sanitärprozesse, Tierfutterlager und Tierkörperverwertungsanlagen.

Zwischen pH 5 und 9 oxidieren 4,5 Gewichtsteile Chlordioxid sofort 1 Gewichtsteil Mercaptan (ausgedrückt als Schwefel) zu der entsprechenden Sulfonsäure- oder Sulfonatverbindung und zerstören so den Mercaptan-Geruch. In ähnlicher Weise reagiert Chlordioxid mit organischen Sulfiden und Disulfiden und zerstört dabei den ursprünglichen Geruch.

Sekundäre und tertiäre Amine sind ebenfalls in vielen Abwässern enthalten und verursachen eigene Geruchsprobleme. Die Oxidation von Aminen mit Chlordioxid hängt vom pH-Wert des Reaktionsgemisches und dem Substitutionsgrad des Amins ab.

Zwischen pH 5 und 9 oxidieren durchschnittlich 10 Gewichtsteile Chlordioxid 1 Gewichtsteil eines sekundären aliphatischen Amins (ausgedrückt als Stickstoff) und entfernen dabei alle Spuren von Amingeruch. Je höher der pH-Wert des Reaktionsgemisches (Chlordioxid und tertiäre und/oder sekundäre aliphatische Amine), desto schneller verläuft die Oxidation.


THM-Vorläufersubstanzen

Der Schlüssel zum Verständnis, warum Chlordioxid so wirksam ist, liegt in den unterschiedlichen Reaktionen von Chlordioxid und Chlor mit Trihalogenmethan (THM)-Vorläufern wie Huminsäuren und Fulvosäuren.

Chlor reagiert mit THM-Vorläufern durch Oxidation und elektrophile Substitution, wobei sowohl flüchtige als auch nicht flüchtige chlorierte organische Substanzen (THMs) entstehen.

Chlordioxid hingegen reagiert mit THM-Vorläufern in erster Linie durch Oxidation, so dass diese nicht mehr reaktiv oder für die THM-Bildung nicht mehr verfügbar sind. Das bedeutet, dass die Vorbehandlung mit Chlordioxid die THM-Bildung hemmt, wenn anschließend Chlor eingesetzt wird.


Pestizide

Chlordioxid kann giftige Stoffe zu weniger giftigen Stoffen oxidieren. Insbesondere Methylchlor (DMDT) und Adrian reagieren mit ClO2. Bei Parathion verläuft die Reaktion bei einem pH-Wert von 7 langsam; bei einem pH-Wert von über 8 werden jedoch biologisch weniger abbaubare Herbizide wie Paraquat und Diquat innerhalb weniger Minuten eliminiert.


Algen/Schlamm

Chlordioxid hat sich bei der Kontrolle des Algenwachstums als wirksam erwiesen. In einer Studie erwies sich ClO2 als wirksamer als Kupfersulfat, bei vergleichbaren Behandlungskosten. Es wird angenommen, dass sich Chlordioxid an den Pyrollring des Chlorophylls anlagert. Dadurch bleibt der Ring erhalten und das Chlorophyll wird inaktiv. Da Algen ohne Chlorophyll-Stoffwechsel nicht funktionieren können, werden sie zerstört. Bei der Reaktion von Chlordioxid mit Algen und ihren ätherischen Ölen entstehen geschmacks- und geruchsneutrale Substanzen.

Die Algenbekämpfung erfolgt durch nächtliche Zugabe von Chlordioxid in das Wasserreservoir (um den photolytischen Abbau von ClO2 zu verhindern). Es wurde berichtet, dass eine Dosierung von 1 mg/Liter die Algenpopulationen kontrolliert.


Sulfide

Zwischen pH 5 und 9 oxidieren durchschnittlich 5,2 Gewichtsteile Chlordioxid sofort 1 Gewichtsteil Schwefelwasserstoff (ausgedrückt als Sulfidion) zum Sulfat-Ion.

Bei vielen industriellen Prozessen entstehen sulfidhaltige Gase und Abfallprodukte. Diese entstehen beispielsweise bei der Erdölraffination, der Verkokung von Kohle, der Verdampfung von Schwarzlauge bei der Kraftzellstoffherstellung, der Herstellung von Viskosefasern und der Reinigung von Erdgas. Diese Gase und Abfälle werden häufig mit alkalischen Lösungen gewaschen und müssen vor der Einleitung behandelt werden.


Stickstoffverbindungen

Stickstoffoxide sind gefährlich und korrosiv. Distickstoffoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) sind Industrieabwässer, die bei der Verbrennung von Brennstoffen, der Herstellung und Verwendung von Salpetersäure und bei der Metallveredelung unter Verwendung von Nitraten, Nitriten oder Salpetersäure entstehen. Andere Quellen sind chemische Prozesse, bei denen Stickstoffverbindungen als Reagenzien verwendet werden.

Chlordioxid wurde zur Reinigung dieser Verunreinigungen verwendet. Stickstoffoxid, das in Abgasen von Koksöfen enthalten ist, kann durch Oxidation mit Chlordioxid beseitigt werden. Dieses Verfahren ist besonders für den kontinuierlichen Betrieb geeignet.


Zyanide

Cyanidverbindungen stammen aus Prozessen wie der Metallbeschichtung, dem Härten von Stahleinsätzen, der Neutralisierung von Beizlauge, der Raffination von Gold- und Silbererzen und der Reinigung von Hochofenschornsteingas. Chlordioxid oxidiert einfaches Cyanid zu Cyanat (einer weniger toxischen Substanz) und/oder Kohlendioxid und Stickstoff. Die Endprodukte hängen von den Reaktionsbedingungen ab.

In neutralen und alkalischen Lösungen unter pH 10 oxidieren durchschnittlich 2,5 Gewichtsteile Chlordioxid 1 Gewichtsteil Cyanidionen zu Cyanat. Bei einem pH-Wert über 10 oxidieren durchschnittlich 5,5 Gewichtsteile Chlordioxid 1 Gewichtsteil Cyanidionen zu Kohlendioxid und Stickstoff. Chlordioxid reagiert nicht mit Cyanat-Ionen und es wurde auch nicht beobachtet, dass es bei der Oxidation von Cyanid Chlorcyan bildet.

Chlordioxid oxidiert auch Thiocyanat zu Sulfat und Cyanat. In neutralen Lösungen oxidieren durchschnittlich 3,5 Gew.-Teile Chlordioxid 1 Gew.-Teil Thiocyanat-Ionen.

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